Ein Blick in die Statistik bestätigt nur, was wir alle schon längst aus eigener Erfahrung wissen: Der allergrösste Teil, nicht selten gegen 80 Prozent, der Personen Bereich des extremen Metal sind Männer. Ich gehöre zu der Minderh

Ein Blick in die Statistik bestätigt nur, was wir alle schon längst aus eigener Erfahrung wissen: Der allergrösste Teil, nicht selten gegen 80 Prozent, der Personen Bereich des extremen Metal sind Männer. Ich gehöre zu der Minderheit der Frauen und hatte diese Tatsache eigentlich nie als merkwürdig oder speziell angesehen, da man von Anfang an in dieser Szene nichts ja anderes kennen lernt. Dass Metal eine Welt ist, die von Männern für Männer gemacht ist, war mir lange gar nicht wirklich bewusst und machte mir schon gar nicht aus, zumal ich schon als Kind lieber mit Playmobil als mit Barbiepuppen gespielt hatte.
Erst mit den Jahren, als sich mein Konzert- und Ausgangradius vergrösserte, ich mehr Leute kennen lernte und mein Umfeld genauer analysierte, merkte ich, dass das Geschlecht wohl doch eine nicht unbedeutende Rolle spielt.
Nie habe ich direkte Anfeindungen erlebt, aber wenn man seine Ohren etwas spitzt, dann hört man doch regelmässig Sprüche, die meistens mit "Frauen haben keine Ahnung vom Metal" zusammengefasst werden können. Und wenn man sich intensiver mit dem Thema befasst und in Interviews mit Musiker danach sucht, dann findet man diverse Aussagen, die belegen, dass insbesondere im härteren Metal und ganze besonders im Black Metal die Ablehnung Frauen gegenüber recht stark ist.

Abwertende Aussagen von Männern über Frauen im Metal haben mich früher immer wütend gemacht. Ich konnte nicht verstehen, warum mein Geschlecht einen Einfluss auf mein Dasein als Metaller haben sollte. Seitdem ich mit 16 Jahren zum ersten Mal in Berührung mit Metal kam, hat er mich wie ein Virus nicht mehr losgelassen. Metal ist für mich ein Lebensstil und –Gefühl. Metal ist Kunst, Ausdruck starker Emotionen, bringt mich zum Nachdenken und bedeutet mir wahnsinnig viel. Doch leider musste ich irgendwann feststellen, dass ich eigentlich fast nur mit Männer über Metal diskutieren kann. Ich war mir aber sicher, dass es auch andere Frauen geben muss, die die gleiche Leidenschaft für den Metal empfinden. So machte ich mich auf, solche Frauen zu suchen. Bevor ich darauf zurück komme, möchte ich erst noch auf die Klischees in Bezug auf Frauen-Typen im Metal näher eingehen. Grob gesagt gibt es hierbei drei Hauptklischees:

- Die Frau ist ein sogenanntes Anhängsel von ihrem Metaller-Freund. Sie ist nur durch ihn in diese Szene geraten und macht nun gute Miene zum bösen Spiel. Dabei fängt sie oft an, sich mit der Szene zu identifizieren (oder versucht zumindest, nicht aufzufallen), zieht auch mal ein Band-Shirt an, aber hat von der Musik absolut keine Ahnung. Dieses Klischee hat sich besonders stark in unseren Köpfen verankert. Dies liegt aber daran, dass es quasi keine Fälle gibt, bei denen es mit der Geschlechterverteilung umgekehrt ist, was einfach mit der prozentualen Geschlechteraufteilung zusammen hängt Oder einfacher gesagt; eine Metallerin hat so viel potentielle Partner zur Auswahl, dass sie gar nicht in einem andern Revier jagen muss.

- Die Frau wirkt schon fast nicht mehr wie eine Frau, ahmt in Kleidung und Verhalten (unbewusst) einen Mann nach. Dieser Typ Frau wird von den Männern zwar am ehesten noch akzeptiert, jedoch auch belächelt.
Verständlich, dass die Männerwelt keine Freude hat, wenn schon mal eine der wenigen Frauen auftaucht und diese dann wie ein Typ ausschaut. Aber ernsthaft: Diese Frauen wollen meistens eigentlich nur Akzeptanz und dass man sie nicht auf ihr Geschlecht reduziert. Leider übertreiben es einige und bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen Ernsthaftigkeit und Lächerlichkeit.

- Die Frau, die stark auf ihre weiblichen Reize und sexy Outfits setzt. Diese Art von Frau ist auch immer mal wieder in Bands anzutreffen, schliesslich steigert so etwas das Interesse des männlichen Publikums.
Die Vermarktung von Frauen in Metal-Bands ist mittlerweile recht etabliert. So war z.B. im Jahr 2007 Lacuna Coil Headliner einer Tournee, die den Namen "The Hottest Chicks in Metal Tour" trug. Schlussendlich führen solche Sachen dazu, dass die weiblichen Metalheads nur auf ihr Aussehen reduziert werden. Und das schlimme dabei ist, dass dies nicht selten sogar selbstverschuldet ist. Als schlechtes Beispiel - sogar von einer ganzen Band – könnte man die griechische All-Female "Black" Metal Band Astarte nennen: Mit ihrem Aussehen; ihrer starken Schminke (und nein, es ist hier kein Corpse Paint gemeint) und vor allem ihren knappen und hautbetonten Klamotten lenken sie die Aufmerksamkeit in erster Linie auf sich selbst, und ihre Musik - und diese sollte schliesslich das wichtigste sein - rückt so automatisch in den Hintergrund. Aber auch bei Metal-Hörerinnen ist es so, dass man doch recht häufig den Eindruck bekommt, es würde nur darum gehen, sein Aussehen und seine Reize in den Mittelpunkt zu rücken. Und solche Frauen führen zum einen dazu, dass Metalerinnen den Ruf haben oberflächlich zu sein und zum anderen, dass sie oft als blosse (Sex-) Objekte angesehen werden.

Dass sogar die Musikforschung sich vermehrt mit der Thematik der Geschlechterrollen auseinander setzt, zeigt die Durchführung eines Kongresses mit dem Titel "Heavy Metal and Gender" an einer Kölner Hochschule. Das Spiel und die Auseinandersetzung mit den Geschlechterrollen ist eben auch einfach ein Bestandteil des Metal. Trotzdem muss man sich aber der Tatsache bewusst sein, dass Metal – wie bereits eingangs erwähnt – eine Welt ist, die von Männern für Männer gemacht wurde. Oder wie es Sarah Chaker, eine Musikwissenschaftlerin, die sich hauptsächlich mit Death und Black Metal beschäftigt, es formuliert hat: "Möglicherweise sind beide Szenen für Männer eine Art Nische oder Spielwiese, in der sie, von Frauen weitgehend ungestört, unter sich sein können und dann dort all das tun können, was Männer ihrer Meinung eben so tun sollten..."
Metal ist also primär männlich. Metal ist Wut, Aggression, Hass, Stolz, Rebellion und Extreme. Somit ist der kleine Frauenanteil in der Szene fast selbsterklärend. Aber auch Frauen können einen speziellen Bezug zu diesen Metal-grundlegenden und eben tendenziell maskulinen Themen haben – vielleicht sind dies dann einfach nicht die durchschnittlichen Frauen.

Auf meiner Suche nach Interview-Partnerinnen musste ich mit Enttäuschung feststellen, dass es eben schon stimmt, dass an Klischees oft etwas Wahres dran ist. Nicht gerade eine kleine Anzahl der Damen in der Metal-Szene passt auf irgendeine Weise in die bekannten Klischee-Schemas. Wirklich echte und ernstzunehmende Metal-Verehrerinnen gibt es ziemlich selten, aber gerade deshalb sollte man sich über positive Beispiele freuen. Aus diesem Grund möchte ich nun Musikerinnen oder sonst Szene-aktive Frauen aus verschiedenen Ländern zu Worte kommen lassen. Sie erzählen, was Metal für sie bedeutet, warum sie diese Musik spielen und sie nehmen Stellung zu Themen wie Akzeptanz und frauenverachtende Songtexte. Wahrscheinlich werde ich die Portraits um ein paar neue erweitern, denn meine Recherche zu diesem Thema hat mir zwar einige Enttäuschungen gebracht, jedoch auch die Bestätigung, dass wenn jemand Metal aus Überzeugung liebt und lebt, dass dann das Geschlecht keine Rolle mehr spielt.

Die Interviews:

Schweissgeruch und biergetränkte Böden

Annick Giroux: Buchautorin/Metallrounderin



Metal ist geschlechtslos

Naamah Satana: Sängerin



Was wollen die süssen Mädchen da?

Sarah: Schlagzeugerin



Den Respekt, den man verdient

Speednecromancer: Bassistin



Noch nicht alltäglich

Susan Gerl: Gitarristin

 

Kulturelle Konstrukte - Interview mit Dr. Florian Heesch zum Thema

Kulturelle Konstrukte