Während erste Anzeichen des erwarteten Sturms über Winterthur hinwegfegen, starten Eluveitie ihr erstes, grosses Konzert vor der eigenen Haustüre...

Eluveitie – Heimvorteil oder Zeitnachteil?

Während erste Anzeichen des erwarteten Sturms über Winterthur hinwegfegen, starten Eluveitie ihr erstes, grosses Konzert vor der eigenen Haustüre. Und gleich vorneweg – sie sind an diesem Abend die interaktivste Band, kommunizieren direkt mit dem Publikum, lotsen die Metalheads vor die Bühne.

Was dann kommt, ist eine solide Pagan-Metal-Show mit Pipes, Dudelsack, Hurly Gurly, Violine, E-Gitarren und Drums. Besonders gut drauf sind Chrigel Glanzmann und Anna Murphy – das Hurly-Girlie? Sie beschert dem Winterthurer Helvetier-Publikum einen Schnellkurs in Sachen gallischer Sprache. Sie singt den Text von Slania’s Song vor – das Publikum macht zunehmend mutiger mit. Überhaupt sorgen sie und Meri Tadic für die optischen Glanzlichter – insbesondere, wenn sie mit ihren langen Mähnen bangen. Und, bevor es Chrigel Glanzmann direkt anspricht, wissen die Metalheads vor der Bühne, was jetzt noch kommen muss. Zwar ist der Platz beschränkt, die Anzahl Leute auch nicht so gewaltig, für eine "wall of death" reicht es aber auch in der engen Steinberggasse. Da sieht man in das eine oder andere erstaunte Gesicht von Zuschauern, welche mit den Metal-Ritualen nicht so vertraut sind. Was machen denn die da? Und um das Ganze abzuschliessen formiert sich die Metalfraktion kurze Zeit später nochmals zu einem "circle of death".

Eluveitie haben bewiesen, dass sie auch als Anheizer mehr als funktionieren. Trotz der frühen Abendstunde haben sie den Besuchern gezeigt, was heimisches Schaffen so drauf hat. Und es verwundert nicht, dass die Leute-Meute nicht zufrieden war, weil keine Zugaben mehr drin lagen. Erst nach mehreren Minuten verebbten die "Zugabe"-Schreie und das rhythmische Klatschen. Eluveitie haben die Steinberggasse definitiv gerockt!

The Darkness – Queen für Arme?

Die stürmischen Winde haben etwas nachgelassen, der Himmel ist dunkler, die Lichtshow wirkt besser als beim Konzert von Eluveitie.
Mit The Darkness stehen dann vier Jungs auf der Bühne, die vom ersten Song an richtig Gas geben. Die Jungs um Justin Hawkins fetzen vom ersten Moment an, was das Zeug hält. Warum bei ihnen die Power der Soundanlage deutlich höher als bei Eluveitie ist, bleibt ein Rätsel.
Die Kostüme von Justin Hawkins und Frankie Poullain erinnern wohl nicht zufällig an Mitglieder von Queen, den Stones oder gar Jimmy Hendrix. Der Sound kann durch seine Härte und Geschwindigkeit durchaus als moderne Ausprägung des Glam Rock. Auch Justin Hawkins Stimme erinnert stark an Freddie Mercury. Wobei klar zu sagen ist, dass The Darkness nicht das Format dieser Kultband und seines Sängers erreichen. Aber auch gut, sonst wären sie an den Winterthurer Musikfestwochen wohl nicht zu sehen gewesen.

Während die Band auf der Bühne alles gibt und gut Stimmung macht, hat sich das Publikum neu formiert. Die schwarz gekleideten Metalheads haben sich etwas zurückgezogen und gönnen sich das eine oder andere Bierchen, vor der Bühne hat sich ein eher buntes, auch altersmässig eher gemischtes Publikum breit gemacht. Zusammen mit The Darkness sorgen sie für gute Stimmung auf dem Platz, eine gute Portion kräftigen Hard Rock und eine gelungene Lichtshow. Diese wird übrigens unterstützt durch ein Wohnzimmer, fast direkt über der Bühne, in welchem Partystimmung in grün und blau herrscht, aufgepeppt durch Stroboskoplicht, welche fast synchron mit jenem auf der Bühne korrespondiert. The Darkness haben sich erfolgreich zurückgemeldet und es bleibt zu verfolgen, wie sie sich weiter entwickeln.

Apocalyptica – besinnliche Cello-Musik?

Definitiv nicht! Zwar ist die Stimmung zuerst mystisch; ein Klangteppich schiebt sich über die Bühne, im fahlen Licht und Nebel werden nur langsam die Umrisse der vier Musiker und ihrer Instrumente sichtbar.
Je heller das Licht wird umso mehr legt der Sound zu, umso aktiver bewegen sich die vier Finnen. Schon bald macht das erste Cello einen Ausflug in die Höhe; eine für dieses Instrument eher ungewöhnliche Position.
Ich gebe zu, ab CD gehört Apocalyptica nicht zu meinen Favoriten. Ich mag Cello als klassisches Instrument, aber eine ganze Scheibe mit Metalsongs "in cello" war mir bisher zu viel. Was die finnische Kultband aber live zeigt, ist grandios. Da geht ein Spektakel ab, das bis in die letzte Bewegung designt scheint. Es ist eine Show, welche schon fast wieder die Dynamik einer unplugged-Aufnahme erreicht. Laut und leise, besinnlich und metal-rockig wechseln sich ab. Passend dazu die Light-Show mit Wechseln zwischen roten und blauen Stimmungen unterbrochen durch grelle, weisse Flashes. Das Publikum hat sich wieder etwas verändert. Dieses Mal ist es eine Vereinigung der beiden "Fraktionen"; Rockfans und Metalists mischen sich und geniessen die Show. Im Fotograben hat sich auch eine Fernsehkamera postiert, "10 vor 10" nimmt sich Apocalyptica zur Brust. Was dann daraus als Beitrag entstanden ist, reisst aber nicht wirklich vom Hocker. Da wäre ein Zusammenschnitt das Abends und eine Hommage an die Musikfestwochen attraktiver gewesen.
Mir persönlich hat von allen Nummern "nothing else matters" von Metallica am besten gefallen. Diese Nummer bringt für mich die Vermischung dieses warmen Instruments, welches nahe an der menschlichen Stimme ist – mir DER Metalballade schlechthin am besten herüber.
Apocalyptica waren definitiv das Highlight des Abends – wenn auch mir persönlich Eluveitie noch etwas mehr ans Herz gewachsen sind.