Ha! Ich habe mich doch noch an einen Hinweis auf Hexenverbrennungen in der Edda erinnert! Und obendrein handelt es sich dabei um eine Begebenheit, deren Ursprung von den meisten Mythologen und Historikern allgemein Jahrtausende VOR Christi Geburt angesiedelt wird!
Ich spreche von der grausamen Folterung und Verbrennung der zauberkundigen Vanengöttin Gullveig, also einer Hexe, durch die Asen. Durch dieses Ereignis sei in der Vorzeit der Vanenkrieg zwischen den Asen und den Vanen ausgelöst worden.
In der Lieder-Edda heisst es im altisländischen Original nur knapp dazu (Völuspá, Verse 21 und 22):
þat mank folkvíg fyrst í heimi,
es Gollveigu geirum studdu
ok í hǫllo Hórs hána brendu,
þrysvar brendu þrysvar borna,
[opt ósjaldan -: þó enn lifir.]
Heiþi hétu hvars húsa kvam
vǫlu velspaa, vitti ganda;
seiþ hvars kunni, seiþ hug leikinn,
æ vas angan illrar brúþar.
In der klassischen Simrock-Übersetzung, welche wie mehr oder weniger alle anderen Edda-Übersetzungen auch nicht immer ganz exakt ist, dafür aber schönklingend und alliterierend, werden diese Verse folgendermassen übertragen, wobei es hier aufgrund einer anderen Numerierung die Verse 25 und 26 sind:
Da wurde Mord in der Welt zuerst,
Da sie mit Geeren Gullweig (die Goldkraft) stiessen,
In des Hohen Halle die Helle brannten.
Dreimal verbrannt ist sie dreimal geboren,
Oft, unselten, doch ist sie am Leben.
Heid hiess man sie wohin sie kam,
Wohlredende Wala zähmte sie Wölfe,
Sudkunst konnte sie, Seelenheil raubte sie,
Übler Leute Liebling allezeit.
Das altnordische Wort seiðr, welches hier von Simrock mit "Sudkunst" übersetzt wird, bezeichnet üblicherweise die heidnische Hexenkunst, Zauberei mit schamanistischen Zügen und oftmals einfach Schwarze Magie, welche gemässe den Sagas bei den alten Heiden gesellschaftlich geächtet war. In den altnordischen Sagas sind zahlreiche exakte Details zu den Praktiken überliefert. Seidhr wurde bekanntlich von der Vanengöttin Freyja dem Odhinn gelehrt, wobei es uns heutzutage leider verschlossen bleibt, inwiefern Freyja mit Gullveig zusammenhängt.
Bei den Worten "Seelenheil raubte sie" und "übler Leute Liebling allezeit" handelt es sich mit Sicherheit um eine spätere pro-asische Verunglimpfung, mit welcher der Vanenkrieg aus der Sicht der Asen propagandistisch legitimiert wurde.
Ich glaube mich zu erinnern, dass es ausserhalb der Edda noch andere andere Überlieferungen zu Gullveig und dem Vanenkrieg gibt. Abgesehen von den Sagas vielleicht beim dänischen Geschichtsschreiber Saxo Grammaticus (um 1140 - um 1220)?
(Dieser hat ja auch eine ganz andere Version des Balder-Hödur-Mythos' überliefert, wobei Saxo Grammaticus ja noch knapp VOR den Aufzeichnungen der beiden Edden gelebt hat!)
Ich muss zu weiteren Spuren der Gullveig noch nachforschen....
Jedenfalls wurde laut der Edda einst eine mächtige Hexe von den Asengöttern gepeinigt und dreimal verbrannt! Pech für die leere Behauptung, wonach es bei den alten germanischen und nordischen Heiden angeblich keine Hexenverbrennungen gegeben hätte, weil diese angeblich erst von den Christen erfunden worden seien! Zumal Hexenverbrennungen - wie gesagt - ja auch bei den heidnischen Sachsen in Norddeutschland zu Zeiten des heidnischen Freiheitskämpfers Widukind im 8. Jahrhundert verbürgt sind!
Und das Thema Gewalttätigkeit und Brutalität bei den alten Germanen und Wikingern darf keinesfalls verharmlost oder gar idealisiert werden. Das waren nicht nur "ehrenhafte" Kämpfe! Sondern jeweils in den Sommern zogen die Wikinger - und schon Jahrhunderte zuvor die mitteleuropäischen Germanenstämme wie die Alemannen - zu ausserordentlich brutalen Raub-, Mord-, Plünderungs-, Brandschatzungs- und Vergewaltigungszügen zu fremden Volksstämmen, bei denen oftmals wehrlose Menschen grausam und völlig unehrenhaft überfallen und die vergewaltigten Frauen anschliessend zumeist verschleppt und versklavt wurden. Damit verhielten sich die alten Germanen wie die allerschlimmsten Kriminaltouristen.
Nicht nur die historischen Überlieferungen, sondern auch die archäologischen Funde sprechen eine deutliche Sprache! Heutige Forscher versuchen allerdings zu erklären, dass diese alten heidnischen Kulturen eben noch Jäger- und Sammlerkulturen waren, bei denen es "normal" war, hin und wieder friedliebende Nachbarn brutal zu überfallen.
Mittlerweile hat auch die Genforschung die alte Überlieferung bestätigt, wonach die heutigen isländischen Frauen genetisch von den britischen Inseln, vor allem von Irland abstammen. Die norwegischen Wikinger, die damals nach Island auswanderten, machten mit ihren Schiffen bei der Überfahrt zuerst einen Umweg über die britischen Inseln, wo sie vorzugsweise irische Frauen auf die Schiffe luden, ehe sie die Reise nach Island fortsetzten. Ich wage zu bezweifeln, dass die meisten dieser Irinnen freiwillig mit den Norwegern nach Island gefahren sein sollen...
Es finden sich also nur wenig Spuren vom Geiste der Gewaltlosigkeit à la Mahatma Gandhi bei den alten heidnischen Germanen...
Ich habe noch einmal Hargors Beiträge aufmerksam gelesen. Er faselt: "SAGEN eignen sich da am besten zu, die man im Nachhinein noch umschreibt."
Das Wort "Sagen" ist zuvor in diesem Thread überhaupt noch nicht gefallen! Sollte Hargor doch tatsächlich nicht einmal den gigantischen Unterschied zwischen Sagen und Sagas kennen?
So wenig kann einer doch gar nicht über nordische Geschichte wissen, nicht einmal Hargor...
Zum Thema Islam nur ganz kurz:
Ju-Hu hat geschrieben:Noch einmal: Kennst Du eigentlich den Unterschied zwischen Metaphysik und Mystik auf der einen sowie Exoterik/Pharisäertum auf der anderen Seite innerhalb einer jeden Religion?
Schade, ich habe vorhin festgestellt, dass meine alten Links zu den Ausschnitten des Films "The Wicker Man" (Version 1973 mit Christopher Lee) bei Youtube gelöscht worden sind...